Ohne Raufutter keine Pferdefütterung

Bezugnehmend auf die Weender Analyse, gelten als Rohfaser Stoffe, die in bestimmten Laugen und Säuren unlöslich sind. In der Pferdefütterung sind hier vor allem Cellulose, Hemicellulose, Pektin und Lignin relevant. Das Pferd ist in der Lage diese Stoffe im Dickdarm mit Hilfe von Mikroorganismen aufzuschließen und daraus Energie zu gewinnen. Chemisch zählen sie (außer Lignin) zu den strukturierten Kohlenhydraten, weil sie an der Formgebung von Pflanzen- und Pflanzenzellen beteiligt sind.

Im Gegensatz dazu gelten Stärke und Zucker, sowie die löslichen Anteile oben genannter Substanzen als nicht-strukturierte Kohlenhydrate und zählen zu den stickstofffreien Extraktstoffen (NfE). Der Rohfaserbedarf eines Pferdes liegt zwischen zwei und drei Kilogramm pro Tag. Die Rohfaserversorgung des Pferdes erfolgt vorwiegend über die Fütterung von Raufutter. Die größte Bedeutung haben hierbei Heu und Gras. Heu hat einen Rohfasergehalt von etwa 23 bis 30 Prozent. Bei einer Fütterung von etwa 1 bis 1,5 Kilogramm Heu je 100 Kilogramm Lebendgewicht nimmt ein 600 Kilogramm schweres Großpferd mit 6 bis 9 Kilogramm Heu täglich 1,4 bis 2,7 Kilogramm Rohfaser auf. Wer an Heu sparen muss, kann bis zu einem Drittel Heu durch Stroh (Rohfasergehalt 44Prozent) ersetzen. Im Süden Europas werden auch bis 3 Kilogramm getrocknete Luzerne pro Tag angeboten, meist in Verbindung mit Haferstroh. Im Vergleich zur Getreideration, die beim Freizeitpferd höchstens zwischen 1 bis 3 Kilogramm, beim Sportpferd 4 bis 5 Kilogramm beträgt, sollte Raufutter stets den mengenmäßigen größten Teil der Futterration stellen. Rohfaserarme Müslisorten enthalten nur 3 bis 10 Prozent Rohfaser. Rohfaserreiches Pelletfutter kann zum Beispiel 12 bis 17 Prozent Rohfaser enthalten. Steigende Rohfasergehalte im Futter senken die Verdaulichkeit der anderen Nährstoffe.

Rohfaseraufnahme durch Weidegras

Der Rohfasergehalt bei kurzem oder sich im Aufwuchs befindenden Gras ist sehr niedrig und liegt bei nur etwa drei bis vier Prozent in der Frischmasse. Überständiges Gras verfügt bis zu sechs Prozent Rohfaser in der Frischsubstanz. Ein Pferd ist in der Lage 10 Prozent Gras je 100 Kilogramm Lebendgewicht aufzunehmen, das heißt, dass bei ganztägigem Weidegang 45 bis 60 Kilogramm Gras aufgenommen werden kann, was einer Rohfaserzufuhr von 2,4 bis 3,6 Kilogramm entsprechen könnte. Es wird allerdings empfohlen, gerade wenn das Gras im Aufwuchs ist, Heu zuzufüttern, um genügend strukturiertes Futter zur besseren Verdauung anzubieten.

Energiegewinnung aus Rohfaser beachtlich

Reich an Rohfaser sind Futtermittel wie Heu, Luzerne, Stroh, aber auch Kleie oder Rübenschnitzel. Sie sind die hauptsächlichen Energielieferanten des Pferdes. Die Bakterien im Blind- und Dickdarm des Pferdes sind in der Lage, die Molekülketten von Cellulose, Hemicellulose, Pektin und teilweise Lignocellulose voneinander zu spalten. Von der freiwerdenden Energie lebt die Darmflora. Die dabei entstehenden freien Fettsäuren (Essig-, Propion-und bisweilen Buttersäure) werden über die Darmschleimhaut der Pfortader und damit der Leber zugeführt, dann dort dann in Kohlenhydrate und Fette umgebaut zu werden. Wer an Raufutter spart, wird beobachten, dass Pferde rasch an Gewicht verlieren.

ß-Glukane, Hemicellulose und Co. “ die gesunden Fasern

Die Hemicellulose ist als Heteropolysaccharid aus unterschiedlichen Einzelzuckern aufgebaut und dient ebenso wie Cellulose dem Aufbau der pflanzlichen Zellwand als Stütz- und Gerüstsubstanz. Besonders reich an Hemicellulosen sind Kleie, Gras, Heu oder Sonnenblumenschalen. Zur Hemicellulose zählen die Pentosane und Hexosane, die aus Arabinose- und Xylose-Zuckermolekülen aufgebaut sind und in Roggen und Hafer, aber auch in den Randschichten von Weizen vorkommen. Sie sind in der Lage Wasser aufzunehmen, sind quellfähig und schleimbildend. Hexosane sind aus den Einzelzuckern Glucose, Mannose und Galaktose aufgebaut und kommen vor allem in Weizen, Gerste, Obst und Gemüse vor. Ihre Bedeutung für die Gesundheit ist erst seit kurzem ein Thema der Forschung. Auch den sogenannten ß-Glukane werden vor allem immunwirksame Fähigkeiten zugeschrieben. Man findet sie vor allem in Hafer und Gerste (6 bis 8 Prozent). Sie bestehen aus spezifisch verknüpften Glucosemolekülen.

Dr. Susanne Weyrauch – Wiegand / Masterhorse ©

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