Nierenprobleme beim Pferd
„Das geht mir auf die Nieren“ ist eine Redewendung, wenn einem etwas sehr zu schaffen macht. Viel schaffen müssen auch die Nieren. Sie sind eins der wichtigsten Entgiftungsorgane des Körpers, produzieren Hormone und steuern den Elektrolythaushalt. Falsche Fütterung, Giftstoffe im Futter (z. B. Giftpflanzen, Schimmelpilze), Medikamente oder andere Schadstoffe (z.B. Konservierungsmittel, Aromastoffe) schwächen ihre Leistungsfähigkeit.
Nierenprobleme entwickeln sich meist schleichend und die Symptome sind nicht immer klar zu deuten. Wasseransammlungen im Körper wie z.B. angelaufene Beine oder Ödeme können auf eine Störung hindeuten. Die betroffenen Pferde sind häufig matt und apathisch. Der Appetit lässt nach und die Tiere magern ab. Ein eindeutiges Zeichen für eine Nierenfunktionsstörung ist ein Harngeruch im Fell. Eine Urin- und Blutuntersuchung zeigt auf, ob eine Fehlfunktion vorliegt oder nicht.
Eiweiß
Bei Nierenerkrankungen muss die Eiweißmenge reduziert werden bei gleichzeitiger Zufuhr von essentiellen Aminosäuren wie Lysin und Methionin. Älteres Heu und Haferstroh sind eine optimale Grundversorgung. Als Energieträger kommen der eiweißarme Mais und Öl in Frage. Getreide wie Hafer oder auch (junges) Gras gehören nicht auf den Speiseplan eines nierenkranken Pferdes.
Vitamine und Mineralstoffe
Calcium, Phosphor und Magnesium dürfen bei Nierenproblem nur in bedarfsdeckender Menge im Futter sein. Moderate Mengen an Elektrolyten gleichen die Verluste durch eine erhöhte Harnbildung aus. Antioxidantien wie Vitamin E, C und Selen schützen die Nierenzellen und unterstützen den Körper bei der Ausscheidung der Schadstoffe. Vitamin A fördert die Regeneration der Schleimhaut.
Kräuter
Zur Unterstützung der Nierenfunktion haben sich folgende Kräuter bewährt: Löwenzahn, Birkenblätter, Brennnesselblätter, Wachholder, Schachtelhalm oder Heidekraut. Diese Kräuter regen die Harnbildung an und fördern die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten und Schadstoffen. So werden Entzündungen der Nieren und Blasen eingedämmt und damit der Bildung von Harnsteinen vorgebeugt.
Eine schnelle Behandlung der Nierenprobleme verhindert, dass sie chronisch werden und das Pferd ein Leben lang belasten. Akute Nierenstörungen können sogar lebensbedrohlich sein.
Fütterung bei Nierenproblemen
Wenn die Entgiftung streikt
von Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand©
Die Nieren sind ein paariges Organ und gehören neben Leber, Darm und Haut zu den wichtigsten Entgiftungsorganen des Organismus. Nierenschäden beim Pferd gehören zu den besonders schwerwiegenden Erkrankungen, aber selbst Nierenschwächen können die Gesundheit des Pferdes stark belasten.
Eine maßgebliche Aufgabe der Niere ist die Ausscheidung von stickstoffhaltigen Abfallstoffen, beispielsweise aus dem Eiweißstoffwechsel. Hier sind vorrangig Harnstoff, Kreatinin und Harnsäure gemeint. Aber auch Giftstoffe (Toxine) und Noxen (zum Chemikalien wie Medikamente, künstliche Aromastoffe, Konservierungsmittel etc.) werden über die Niere entgiftet.
Überschüssige Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Phosphat und Wasserstoffionen (H+) werden rasch und unkompliziert abgeführt, so dass die Niere zum Steuerorgan für den Elektrolythaushalt wird. Durch die Regulierung der Konzentration des Harns bestimmt die Niere den Wassergehalt des Körpers.
Bei Wassermangel konzentriert die Niere den Harn, so dass weniger davon über den Harnleiter in die Harnblase abgeführt wird, von der dort aus dann der Harn willentlich entlassen wird.
Nierenprobleme im Blutbild erkennen
Die Niere bildet verschiedene Hormone, zum Beispiel für die Blutdruckregulation und den Calciumstoffwechsel. Daneben ist die Niere zur Bildung eines knochenmarkstimulierenden Hormons verantwortlich und steuert damit indirekt die Bildung roter Blutkörperchen. Ein Mangel an roten Blutkörperchen im Blutbild kann so auf eine Nierenproblematik hinweisen.
Um den Grad einer Störung der Nieren zu beurteilen, wird das Blut untersucht. Sind die Werte der „harnpflichtigen Substanzen“ Harnstoff (> 6,7 mmol/l) und Kreatinin (> 177 µmol/l) erhöht, ist Vorsicht angezeigt.
Der Kreatininspiegel im Blutserum ist abhängig von der Muskelmasse, vom Lebensalter, vom Geschlecht und von der Nierenfunktion. Kreatinin ist die Ausscheidungsform von Kreatin, das sich als Energiereserve im Muskel befindet. Es wird über die gesunden Nieren mit dem Urin ausgeschieden. Da es als Stoffwechselprodukt fast vollständig filtriert wird, wird es zur Überprüfung der Nierenfunktion verwendet. Der Kreatininspiegel steigt erst ab einer Funktionseinschränkung der Nieren von über 50 Prozent an.
Weitere Hinweise geben ein niedriger Natrium – und Chlorspiegel, eine erhöhte Kalium- und Phosphorkonzentration.
Harnstoff im Blut
Bei akutem Nierenversagen steigt der Kreatinin-Spiegel erst nach mehreren Stunden an. Der Harnstoff-Spiegel reagiert dagegen etwas schneller.
Harnstoff entsteht als Endprodukt im Eiweiß- und Aminosäurestoffwechsel. Aus dem Stickstoff, der beim Eiweißabbau anfällt, wird in der Leber Ammoniak gebildet. Aus Ammoniak (NH3) und Kohlendioxid (CO2) entsteht Harnstoff. Dieser wird zu 90 Prozent über die Nieren ausgeschieden, der Rest mit Schweiß und Darmsekreten. Erhöhte Harnstoffwerte im Körper kann man daher mit feiner Nase riechen.
Da Harnstoff in den Nieren aus dem Blut filtriert wird, ist er ein Parameter zur Beurteilung der Nierenfunktion. Allerdings kommt es erst bei einer Funktionseinschränkung von 50 bis 70 Prozent zu einem Anstieg des Harnstoffs im Blut. Erhöhte Harnstoffwerte, die beim Pferd als kritisch betrachtet werden, geben nicht immer einen eindeutigen Hinweis auf eine Nierenerkrankung. So können sehr proteinreiches Futter, ein Kohlenhydratmangel im Zusammenhang mit Fasten, aber auch Cushing den Harnstoffwert erhöhen. Schockzustände, Infektionen und schwere körperliche Belastung führen ebenso zu hohen Harnstoffwerten wie eine Schilddrüsenüberfunktion und eine Nebennierenunterfunktion
Symptome eines Nierenversagens
Kommt es beim Pferd tatsächlich zu einer echten Niereninsuffizienz, fällt das zunächst oft nicht gleich auf. Als paarig angelegtes Organ können sich die beiden Nieren oft gegenseitig in ihrer Wirkung unterstützen, so dass ein Schaden nicht so schnell auffällt.
Erkennbare Symptome können zunächst eine verringerte Harnmenge (Oligurie) sein oder das Pferd setzt häufig Harn ab (Polyurie). Wenn die Nieren versagen, ist das Pferd nicht mehr in der Lage Harn abzusetzen, was als Anurie bezeichnet wird. Das nicht ausscheidbare Wasser sammelt sich im Unterbauch als Ödem an und der Arbeitswille geht verloren. Das Fell wird stumpf und die Pferde geraten in eine Art Depression, bei der der Gesichtsausdruck müde und schwermütig wirkt, was an der narkotisierenden Wirkung des Harnstoffs, der nun nicht mehr abtransportiert werden kann, liegt. Es kommt zu Appetitlosigkeit und Abmagerung.
Nierenversagen kann die Folge von Blut- oder Wasserverlusten, Kreislaufversagen oder Herzbeschwerden sein Der Tierarzt klärt bei Niereninsuffizienz ebenso den Verschluss der Harnwege ab.
Nierenschwächen
Leichte Nierenfunktionsstörungen sind dementsprechend schlecht zu diagnostizieren. Pferde, die unter einer Nierenschwäche leiden, neigen zu Entgiftungsstörungen. Die zeigen sich vor allem durch absonderliches Verhalten. Giftstoffe, die durch die schwache Nierenfunktion nicht entlassen werden können, geraten mitunter durch die Blut-Gehirnschranke und führen zu Wahrnehmungsstörungen. So neigen diese Pferde zu Schreckhaftigkeit und Angstzuständen. Es kommt zu unvorhergesehenem Scheuen und nicht selten ist auch ein unangenehmer Harngeruch auf dem Fell festzustellen. Die Muskulatur dieser Pferde kann fest sein und mitunter sind die Beine angelaufen. Bei manchen Pferden sind Rückenprobleme im Beckenbereich festzustellen. Dies können, müssen aber keine Anzeichen sein. Auch das Auftreten von Ekzemen kann neben einer Leberentgiftungsstörung auf eine Nierenschwäche hinweisen.
Wenn die Nieren entzündet sind
Die Nierenentzündung (Nephritis) ist der Ausgangspunkt für eine chronische Niereninsuffizienz. Das Pferd zeigt Abmagerung, Schwäche und Ödemen, sowie Fieber. Zum Nierenverschlag kann es kommen, wenn Toxine, Noxen und eigene giftige Stoffwechselprodukte die Niere schädigen. Dabei stellt die Belastung mit Mykotoxinen eine große Gefahr dar. Den Giften der Schimmelpilze begegnet das Pferd tagtäglich mehr oder weniger in jeder Heu- und Getreidecharge. Auch Bakteriengifte (z.B. das Botulinumtoxin), Schwermetalle und Überdosierungen von synthetischem Vitamin D und Vitamin K, sowie viele Arzneimittel können die Niere schädigen. Es kann zur Nephrose kommen, einer Stoffwechselstörung, bei der sich die Niere krankhaft verändert und schrumpft. Fress- und Bewegungsunlust sollten den Tierhalter aufmerksam machen. Der Tierarzt kann dann Blut, Eiweiß und Glucose im Urin feststellen.
Die Niere aus der Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin
In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gilt die Niere als besonders wichtiges Organ. Eine Schwäche der Nieren führt zu mangelnder Vitalität, Unfruchtbarkeit, geistiger Minderentwicklung und frühzeitigem Altern.
In der TCM wird ein Bezug zwischen Niere und Gehirn hergestellt. So werden durch eine gute Nierenfunktion Gedächtnis und Konzentration gestärkt. Auch das Denken und Sehen werden geschärft. Schwache Nieren führen zu brüchigen Knochen, Gelenkproblemen, oder schlechten Zähne, ebenso langfristig zu rheumatische Beschwerden. Durch den Bezug der Niere zu den Lungen stellt die TCM bei einer schwachen Niere auch einen Bezug zu Atemnot und Asthma her. Ebenso kommt es zu schlechtem Haar bzw. Fell.
In der TCM gelten die Nieren als Wasserorgane, denen Kälte und Feuchte schadet. Schwache Nieren sind so offensichtlich an kalten Extremitäten erkennbar. Im psychischen Bereich kommt es zu grundloser Angst und Stress.
Fütterung bei Nierenproblemen
Ist ein Nierenproblem diagnostiziert, muss die Fütterung des Pferdes umgestellt werden. Dabei sollte die Ernährung vor allem um Eiweiß entlastet werden. Kohlenhydrate, eiweißarme Fasern und Öle können jedoch problemlos verfüttert werden. Bestimmte Mineralstoffe wie Phosphor, Calcium, Natrium, Chlor und Magnesium sollten reduziert werden. Die Spurenelemente sind dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.
Ein vorwiegendes Anliegen ist die Reduktion jeglicher Schadstoffe, die über die Leber und zum Großteil dann auch über die Niere entsorgt werden. Dazu gehören Bakterien- und Schimmelpilzgifte. Ebenso zählen dazu Chemikalien und Noxen, die – auch wenn oft etwas Anderes versprochen wird – in feuchten Müslifuttern verwendet werden müssen wie Konservierungsmittel, Aromastoffe (auch naturidentische), Bindemittel und zu hohen Mengen synthetische Vitaminen, vor allem Vitamin A, D, und K.
Die Gestaltung einer eiweißarmen Fütterung beginnt mit der richtigen Auswahl eiweißarmen Raufutters (zum Beispiel eine Ergänzung durch hochqualitatives Haferstroh). Selbstverständlich entfällt der Weidegang, da gerade im frischen Grün zu hohe Eiweißmengen vorhanden sind. Trotz Eiweißreduktion müssen genügende Mengen der limitierenden Aminosäuren Methionin und Lysin vorhanden sein, um die Körperfunktionen zu erhalten. Geringe Eiweißmengen sind in Rübenschnitzeln und Stroh zu finden. Schlichtweg eiweißfreie Energie liefern Öle, die mit einer Menge von bis 400ml je Großpferd bei langsamer Anfütterung als Alternative zu Getreide eingesetzt werden können.
Getreide enthält relativ hohe Eiweiß- und Phosphatgehalte. Lediglich hydrothermisch aufgeschlossene Maisflocken bieten hohe Mengen an Kohlenhydraten und Energie in einer solchen Krisensituation. Kleien und Extraktionsschrote bzw. Ölkuchen sind reich an Eiweiß.
Eine sanfte Unterstützung der Nieren kann durch ausgesuchte Kräuterkombinationen erfolgen. Dabei sind weniger wassertreibende als nierenfunktionsunterstützende Kräuter wie Birke, Schachtelhalm, Petersilienwurzel, Löwenzahn, Wacholder, Hauhechel, Goldrute oder Zitronengras empfehlenswert. Auch an eine leichte Herzunterstützung mit Weißdorn ist zu denken.
In Fällen schwerer Niereninsuffizienz muss die Zufuhr von Kalium und Natriumchlorid deutlich reduziert werden. Diese ist nur im Falle von Kochsalz leicht zu realisieren. Da aber Kalium in großen Mengen im Heu enthalten ist, ist es extrem schwierig, die Kaliumzufuhr zu senken.
Die rechtzeitige Behandlung durch den Tierarzt und die strikte Einhaltung der Nierendiät kann zur Besserung und auch zur Ausheilung führen. Das Versagen der Nieren jedoch hat rasch den Tod zur Folge.