Verspannungen lösen
“Mein Pferd ist verspannt – was soll ich tun?” – “Füttern Sie ein Vitamin E-Produkt, und alles wird gut.” Wenn die Antwort nur so einfach wäre. Viel wichtiger ist es, zunächst einmal die Ursachen für diese Verspannungen zu kennen. Stimmen die Haltungsbedingungen? Ist das Training richtig dosiert? Sitzt der Sattel? Mache ich beim Reiten bestimmte Fehler, die Rücken und/oder Hinterhand des Pferdes einseitig belasten? Wie sieht die Grundfutter-Ration aus? Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, kann ich mich für oder gegen ein spezielles Ergänzungsfuttermittel entscheiden. Richtig eingesetzt, können Vitamin E-Produkte sicherlich die Rittigkeit verbessern oder Magnesium-Zusätze die Regeneration und Ausgeglichenheit unterstützen. In bestimmten Fällen kann auch die Kombination bestimmter Produkte sinnvoll sein.
Die Vitamin E-Versorgung
In Zusammenspiel mit dem Spurenelement Selen und der essenziellen Aminosäure Lysin schützt das hochdosierte Vitamin E Sportpferde vor Muskelverspannungen (besonders im Rücken und in der Kruppe). Der optimierte Muskelstoffwechsel verbessert die körperliche Belastbarkeit, Leistungsbereitschaft und Kondition. Vitamin E-Produkte können ohne Gefahr von Nebenwirkungen über einen längeren Zeitraum gefüttert werden.
Magnesium kombiniert mit Vitamin E
Sportpferde, die nach intensiver Arbeit stark schwitzen und/oder zu Muskelzittern neigen haben in der Regel einen erhöhten Magnesium-Bedarf. Magnesium ist für den Energiestoffwechsel der Nerven- und Muskelzellen wichtig. Empfehlenswert ist hier ein kombiniertes Vitamin E/Magnesium-Produkt – auch bezüglich des Preis-/Leistungsverhältnisses.
Schutz für Muskeln und Gelenke
Gelenke, Sehnen und Bänder sind in Training und Wettkampf starken Belastungen ausgesetzt. Die im Muschel-Konzentrat enthaltenen Wirkstoffe Glykosaminoglykane und Omega-3-Fettsäuren schützen das Bindegewebe und beugen so vorzeitigem Verschleiß vor.
Unser Tipp: eine Kombination von hoch dosiertem Vitamin E, Selen und Lysin mit Muschel-Konzentrat.
Entspannte Muskulatur mit Vitamin E
Vitamin E gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und ist unentbehrlich für den Zellstoffwechsel, insbesondere für die Zellatmung. Vitamin E verbessert die Sauerstoffversorgung und -verwertung in der Muskulatur und steigert so die Leistungsfähigkeit. Ein Mangel führt zu Muskeldegeneration, Bewegungsstörungen (Verspannungen, Steifheit, Lahmheit) und Leberschäden.
Lysin ist eine essenzielle Aminosäure und spielt eine wichtige Rolle als Puffer und Katalysator von Milchsäure im Muskelstoffwechsel. Durch die Stimulation der Kreatinsynthese (Energietransporteur) verbessert sie den Energiestoffwechsel der Muskulatur erheblich. Bei einem Lysinmangel ist der Aufbau körpereigener Substanz, insbesondere von Muskulatur, nur begrenzt möglich.
Muskelstoffwechselstörungen
Kennzeichen / Ursache:
Es gibt verschiedene Muskelstoffwechselstörungen, die ähnliche Symptome, aber andere Ursachen haben.
Symptome:
• Schwitzen
• Muskelzittern, Muskelkrämpfe
• Unwillig zu laufen, bis zu bewegungsunfähig
• Dunkler Harn (Muskelfarbstoff Myoglobin im Blut)
Bei Kreuzverschlag oder fachlich korrekt Rhabdomyolyse unterscheidet man zwei Formen:
Akuten, sporadischen Kreuzverschlag:
Tritt zum einen nach Überlastung auf (Überforderung) oder die als die typische Montagskrankheit (Stehtag, volle Futterration). Die Muskelüberlastung und eine Elektrolytimbalance führen zu starken Muskelverkrampfungen, die Tiere können sich kaum noch bewegen.
Chronisch, wiederkehrender Verschlag (auch RER- Recurrent exertional Rhabdomyolysis):
Häufig erblich bedingt und betrifft häufig Rennpferde (Vollblüter, Araber, nervöse Pferde) aber auch Warmblüter. Auffällig ist, dass überwiegend junge Stuten betroffen sind. Mineralstoffimbalancen (Elektrolyte, Calcium) und Kraftfutter beeinflussen den Verschlag. Die Anzeichen sind deutlich milder als bei der akuten Verlaufsform. Das Problem tritt häufig bei Pferden in gutem Trainingszustand auf.
PSSM (Polysaccharid Speicher Myopathie) ist eine Stoffwechselstörung bei der zu viel Glykogen (Speicherform des Zuckers) in der Muskulatur eingelagert wird. Von PSSM sind vor allem die typischen Westernpferde wie Quarter Horses, Paints und Appalosas betroffen auch andere „ruhige“ Pferdetypen wie Kaltblüter. Das tückische an der Krankheit ist, dass die Symptome häufig nicht einem typischen Verschlag ähneln. Die Pferde zeigen sich häufig bewegungsunlustig, steif und lustlos.
Was das Futter für den Muskelaufbau bedeutet
von Regina Bartel
Ob nach Krankheit, Verletzung oder Trainingspause: Die Zusammensetzung des Futters ist maßgeblich an der Erhaltung und Wiederherstellung der Muskulatur und der Gelenke beteiligt. Auch beim gesunden Pferd ist ein wesentlicher Faktor, dass im Futter die richtigen Bausteine für den Körper enthalten sind. Nur so erreicht das Tier seine beste Leistung und maximale Lebensfreude. Regina Bartel erklärt, worauf dabei zu achten ist. Große Sprünge kann nur machen, wer sich kräftig vom Boden abstoßen und auf der anderen Seite der Hindernisse sicher wieder auffangen kann. Eine Kutsche ziehen, eine Dressurübung akkurat ausführen, im Gelände traben: Ohne eine gesunde, kräftige Muskulatur geht das nicht. Gerade die Muskeln müssen nicht nur für Schwung und Bewegung sorgen, sie halten und stützen auch Bänder und Knochen. Der Körper passt dafür die Muskulatur flexibel dem Bedarf an: Wo Muskeln regelmäßig im Training genutzt werden, wachsen sie an Kraft und Volumen. Gesunde Muskulatur entsteht aber nicht allein durch Training; das Futter hat einen mindestens genauso großen Einfluss. Das Gleichgewicht von beidem ist entscheidend: Es muss stimmen. Zuviel oder zu wenig, die falsche Nährstoffzusammensetzung – mit der Zeit fördert eine suboptimale Ernährung Stoffwechselerkrankungen und behindert sogar Trainingserfolge.
Auf und Ab der Muskulatur
Auf den ersten Blick erscheint es widersinnig, dass ausgerechnet besonders intensives Training einen Muskelabbau bewirken kann. Doch diesen Muskelschwund beobachten Sportphysiologen beim Menschen genauso wie Veterinärmediziner bei Sportpferden. An der Klinik für Pferde der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersuchten Wissenschaftler dieses Phänomen an Trabrennpferden, indem sie die Tiere auf Hochgeschwindigkeitslaufbändern trainierten und die Vorgänge im Muskel genau unter die Lupe nahmen. Verschiedene Mechanismen in den Muskelzellen sind für Auf- oder Abbau verantwortlich. Messen lässt sich der Vorgang im Muskel über so genannte Marker, das sind für bestimmte Vorgänge charakteristische Stoffe. Diejenigen, die den Abbau von Proteinen anzeigen, maßen die Wissenschaftler an den Trabrennpferden jeweils vor und nach dem Training. Etwa vier Stunden nach dem Training zeigte sich der Proteinabbau deutlich erhöht. Der zeitliche Zusammenhang weist darauf hin, dass es tatsächlich eine direkte Folge des intensiven Trainings war, dass die Tiere Proteine in ihren Muskeln abbauten. Weniger stark war dieser Effekt, wenn die Pferde eine Mischung aus bestimmten Aminosäuren und Proteinen als Nahrungsergänzung erhielten. Der Nahrungszusatz reduziert den Proteinabbau erheblich.
Wie kommt das?
Der Körper ist ein fein justiertes System, das seine Komponenten quasi ständig selbst einer Inspektion unterzieht: Dabei repariert es defekte Teile, erneuert oder recycelt sie. Für im Training überlastete Muskelproteine gilt also: Sind genug Aminosäuren und andere Bausteine vorhanden, um defekte Teile zu regenerieren oder nicht? Wenn genau die Substanzen über das Futter zugeführt werden, die der Körper braucht, um seinen ständigen Erneuerungsprozess am Laufen zu halten, dann läuft alles rund. Fehlen ihm die Ersatzteile, dann baut er ab. In der im Herbst 2011 in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Journal of Animal Physiology and Animal Nutrition“ veröffentlichten Studie kommen die österreichischen Forscher zu dem Schluss, dass Nahrungsergänzung mit bestimmten Proteinen bzw. den Proteinbausteinen, den Aminosäuren, die negativen Folgen des Übertrainings ausgleichen können.
Wasser und Elektrolyte
Doch auch Mineralien können knapp werden. Wenn das Pferd bei der Arbeit im Gelände oder im Training auf dem Reitplatz große Mengen Elektrolyte über den Schweiß verliert, nimmt es diese nicht sofort am Leckstein wieder auf. Ein nass geschwitztes Pferd kann bis zu 30 Liter Flüssigkeit verloren haben, darin steckten Natrium, Kalium und Kalzium-Ionen, die genau wie das Wasser schnell ersetzt werden müssen. Dehydratation verursacht, wenn sie nicht rasch ausgeglichen wird, Schäden an der Skelettmuskulatur Es kommt zur Zellschrumpfung und Ermüdung. Frisches Wasser und der Leckstein allein reichen bei Sportpferden nicht unbedingt aus, um die Verluste zu ersetzen, so dass hier über das Mineralfutter oder zusätzliche Mineralpräparate Hilfestellung gegeben werden kann. Mäkelige Tiere, die die Mineralpräparate grundsätzlich verschmähen, bekommen sie unter anderes Futter gemischt.
Fitness bestimmt den Futterbedarf
Auch bei den Pferden, die nicht als Profis im Leistungssport unterwegs sind, stehen Halter oft vor der Frage: Futterzusätze – ja oder nein? Reichen die Nährstoffe aus Kraft und Raufutter aus und stehen diese Futtermittel im richtigen Verhältnis zum Bedarf des Tieres? Die Fütterung hängt ab von den Haltungsbedingungen, den Trainingszielen des Halters und der Fitness des Pferdes. Grundlage ist das, was bereits jetzt in der täglichen Futterration enthalten ist. Beim Heu zum Beispiel kann es der Betreuer des Pferdes gar nicht so genau wissen – Gräser und Kräuter lassen sich zwar auch in getrocknetem Zustand noch sehr leicht identifizieren, doch von Ballen zu Ballen ist die Mischung unterschiedlich und was die Wiese an Nährstoffen im Heu hinterlassen hat, hängt von Witterung und Schnittzeitpunkt ab. Spät im Sommer geschnittenes Heu zum Beispiel enthält tendenziell weniger Kalzium als ein früh gemähtes. Pferde, die wenig oder keinen Weidegang haben, wie Sport-, Schul- und Zugpferde vermissen unter Umständen die Vitamine D, E und A. Bei fertigen Mischungen gibt die Verpackung bzw. der Hersteller Auskunft über die Zusammensetzung. Die durchschnittlichen Nährstoffgehalte der selbst erzeugten oder direkt beim Landwirt erworbenen Futtermittel kann letztendlich nur ein Labor ermitteln. Ob solche Analysen nötig sind, weiß der betreuende Tierarzt. Er kann Gesundheitszustand, Bemuskelung und Fitness des Pferdes beurteilen und feststellen, ob dem Tier Nährstoffe fehlen oder der Reiter einfach nur fleißiger trainieren muss, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Wer sich nicht sicher ist, ob bisherige Fütterung und tägliche Arbeit bei seinem Tier zusammenpassen, sollte sich beraten lassen.
Spezielle Fütterungssituationen
Fütterungsfehler können Krankheitsbilder wie zum Beispiel die Hufrehe auslösen oder verstärken. Das gilt auch für Probleme mit der Muskulatur. Den direkten Zusammenhang zwischen Futter und Muskulatur erlebt, wer ein Pferd mit Neigung zu Kreuzverschlag (siehe auch Heft 3/2010) oder der Polysaccharidkrankheit (PSSM) im Stall hat. Bei diesen Tieren stimmt – meist aufgrund ererbter Faktoren – die Speicherung des schnell aktivierbaren Zuckerspeicherstoffes Glykogen nicht: Es gelangt zu viel davon in die Muskulatur. Gerade stärkehaltiges Futter erzeugt daher eine überdurchschnittlich hohe Menge an sofort verfügbarem Glykogen im Muskel. Nur können die Tiere auf diese Reserven nicht korrekt zugreifen.
Zu den Symptomen dieser Stoffwechselkrankheiten gehören so genannte Belastungsmyopathien. Dazu kommt es, wenn sich Tiere nach Ruhetagen mit durchgehendem Kraftfutterkonsum wieder bewegen und zu viel der Glykogen-Reserven auf einen Schlag aktiviert werden. Dann treten schwerwiegende, sehr schmerzhafte Lähmungserscheinungen auf, denn der Muskel kann sich der Abbauprodukte des Glykogens nicht angemessen entledigen. Auch Nieren, Leber und Herz können von dieser Krankheit in Mitleidenschaft gezogen werden, da die Abbauprodukte das Entgiftungssystem des Körpers überlasten.
Der bisherige Rat für Halter von Tieren, die zu Belastungsmyopathien neigen, war eine strikte Reduktion des Kraftfutters. Das gilt noch immer. Zur Vorbeugung ist strikte Anpassung der Ration an die wirkliche Arbeitsleistung nötig. Stärke- und Zuckerhaltige Futtermittel sollten für belastete Tiere tabu sein, sie lassen sich durch fettreichere Produkte ersetzen. Zusatznutzen: Die Omega- 3-Fettsäuren aus Lein- und Fischölen sollen entzündungshemmend wirken. Auch Reiskleie ist ein alternatives Futtermittel, bei vielen Pferden aber nicht sonderlich beliebt. Außerdem enthält Reiskleie Inhaltsstoffe, die einen Dopingverdacht auslösen können. Verschiedene Hersteller bieten unbedenkliche und auch von wählerischen Pferden akzeptierte Mischfutter an, die fettangereichert aber stärkereduziert zusammengestellt und genau auf den Bedarf abgestimmt sind. Dann gilt es nur noch das richtige Verhältnis von Kraft- und Raufutter zu finden. Generell ist auch bei vielen gesunden Pferden der Kraftfutteranteil gegenüber dem Raufutter zu hoch.
(tiergesundheit-aktuell.de)