Warum man beim Einsatz alternativer Therapien besonders auf die Ernährung achten sollte
“Eine naturgemäße Nahrung ist nicht alles, aber ohne sie werden alle anderen Heilmittel fraglich“, schreibt die Tochter des Begründers der Leisenkur, in der es um Entgiftungen, Mineralstoffe und Gesundheit geht, Frau Vanselow-Feist.
Seitens der Pferdebesitzer hat sich heute eine sehr hohe Akzeptanz gegenüber alternativen Heilberufen, zu denen Homöopathen und Akupunkteure, Phyto- oder Manualtherapeuten gehören, entwickelt.
Die feinstoffliche Heilungswelle erleidet allerdings immer wieder große Rückschläge und manchmal stößt ihr auch aufgrund mangelnder Effizienz ein gewisser Widerstand entgegen. Fehlende Erfolge könnten in manchen Fällen auf nicht ausreichend ausgebildete Therapeuten zurückgeführt werden, aber selbst gute Homöopathen, Akupunkteure und Physiotherapeuten sind schon wiederholt an ein und demselben Patienten gescheitert.
Die Ursache hierfür können in der Haltung des Pferdes oder der Reitweise begründet sein, in den meisten Fällen handelt es sich allerdings um nicht ausgeglichene Ernährungsfehler, die den Heilungserfolg behindern. Die oft unterschätze bedarfsgerechte Ernährung ist die Grundlage des Heilerfolgs.
Selbstheilungskräfte aktivieren
Durch die alternativen Heilmethoden sollen vor allem die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt werden. Dahinter versteckt sich die beinharte Arbeit des Körpers, sich von Leiden zu befreien, Körperregionen zu regenerieren und zerstörte Körpermasse wieder aufzubauen.
Keine Regeneration ohne Baustoffe
Der Aufbau der Körpermasse ist bei weitem nichts Abstraktes. Hier werden ganz reell verschiedenste Gewebegruppen reproduziert, Knorpel- oder Knochenmasse aufgebaut, Hautzellen zur Teilung angeregt, Nervenbahnen wiederhergestellt, das Immunsystem aktiviert oder Muskelgruppen reaktiviert.
Für diese Bau- und Aufbauleistung müssen nicht nur eine ganze Menge an Nährstoffen zur Verfügung gestellt werden, sondern je nach Gewebezusammensetzung müssen verschiedene Schlüsselnährstoffe zugeführt werden. Ob Haarkleid, Huf-, Muskel- oder Knochenmasse: jedes Gewebe verfügt über eine spezifische Nährstoffgewichtung, die entweder durch Körperreserven oder durch Nahrungszufuhr bereitgestellt werden muss. So findet man Calcium vorzugsweise in den Knochen. Zink ist besonders im Auge und in den Hoden lokalisiert, Mangan in Knochen und Gebärmutter, Kupfer und ein großer Teil der B-Vitamine in der Leber.
Wie beim Bau eines Hauses benötigt man für den regenerativen Körperaufbau Baustoffe. Es werden beispielsweise Eiweiße benötigt, um sogenannte Skleroproteine für die Rekonstruktion von Fasermaterial oder Lipoproteine zur Bildung von Zellmembranen aufzubauen. Kupfer und Silizium wird vermehrt für die Bildung von kollagenem Bindegewebe benötigt. Bei der Regeneration von Leber- und Nervenzellen werden Omega-3-Fettsäuren gebraucht, die aber auch für die Bekämpfung von Entzündungen wichtig sind. Wenn eine tiefe Wunde klafft und bereits Wundwasser ausgetreten ist, dann dürfen Zink, Vitamin E und weitere antioxidativ wirkende Nährstoffe für das Immunsystem nicht fehlen.
Nährstoffmängel bremsen den Heilungserfolg
Da auch die Verteilung von Mineralstoffen in den verschiedenen Körpergeweben vollkommen unterschiedlich ist und gerade Spurenelemente eine wichtige „Werkzeugfunktion“ beim Wiederaufbau von Gewebe spielen, können auch leichte Nährstoffmängel den Heilungserfolg verzögern und im schlimmsten Fall ausbremsen, weil die Gewebe um die Nährstoffe konkurrieren.
Der Abzug von Nährstoffen aus anderen Körperregionen führt langfristig zur Entstehung von Erkrankungen an einem anderen Ort des Körpers.
Das Märchen vom guten Ernährungszustand
Die große Wirkkraft der Naturheilkunde setzt eine richtige Ernährung voraus, die – was die Selbstheilungskräfte betrifft – leider stark unterschätzt wird. So zahlt der Kunde unnötig lange für Behandlungen, die früher hätten anschlagen können, wäre der Patient besser mit Nährstoffen versorgt worden.
Fast jeder Therapeut, ob Schulmediziner, Heilpraktiker oder Physiotherapeut geht bei seiner Behandlung von einem ordentlichen Ernährungszustand aus. Das mag in ganz seltenen Fällen so stimmen. In den meisten allerdings nicht, wenn man in Betracht zieht, dass – ausgehend vom Menschen – alleine 80% aller chronischer Erkrankungen erst durch fehlerhafte Ernährung ausgelöst werden. In vielen Fällen ist sogar die Mangelernährung der tatsächliche Auslöser für eine Erkrankung.
Dem Märchen vom gut ernährten Pferd kann man den Boden leicht entziehen, indem man die Futterration berechnet. Dabei werden die Bedarfszahlen den Zahlen der Nährstoffzufuhr gegenübergestellt. Hier tun sich nach fleißigem Rechnen wahre Abgründe auf, wenn man neben Energie, Eiweiß, Calcium und Phosphor einen Blick auf die Versorgung mit Magnesium, Zink, Kupfer oder anderen Spurenelementen wirft. Alleine der Gehalt an Zink und Kupfer im Heu ist in den letzten Jahren drastisch gesunken, so dass eine Substitution fast unumgänglich geworden ist. Die Angst vor „Überdosierungen“ kostet jedes Jahr einige Pferde Gesundheit und Leben.
Keine Zeit für Ernährung
Der Gedanke, die Ernährung mit in die Therapie einbeziehen zu müssen, ist für viele Therapeuten schwer. Schließlich wird ausführliches Wissen über die Pferdefütterung in ihrer Ausbildung nicht vermittelt. Ein größeres Wissen in Bezug auf die Ernährung würde dem Pferdebesitzer viel Geld sparen, der Gesundheit des Pferdes entgegenkommen und dem Therapeuten einen besonders guten Ruf bescheren.
Gerade Tierärzte werden oft genug nach Ernährungsvorschlägen gefragt, ohne im Studium diesbezüglich ausreichend tiefes Wissen erlangt zu haben. Bei einem immerhin über 5 Jahre dauernden und dadurch teuren Studium kann der Ernährung de facto kein großer Raum mehr eingeräumt werden.
Akupunktur und Physiotherapeuten ihrer Zeit voraus
Die traditionelle chinesische Medizin verlangt vom Patienten eine passende Ernährung. Während die Phytotherapie (heilen mit Pflanzen) teilweise bereits unbewusst mit Nährstoffen arbeitet wird in der Homöopathie der Einfluss der Ernährung unterschätzt, obwohl der Begründer Hahnemann darauf einen großen Wert gelegt hat.
Unter den Physiotherapeuten gibt es mittlerweile viele, die wissen, dass die Fütterung muskelrelevanter Nährstoffe ihre Arbeit erleichtert und zu nachhaltigem Erfolg und damit zu einem guten Ruf führt.
Offenheit tut gut
Der Schulmedizin wurde jahrelang vorgeworfen, sie wäre unaufgeschlossen gegenüber anderen Haltungen, vor allem gegenüber einer ganzheitlichen Therapie. Mittlerweile hat sich da Einiges geändert. Viele junge Tiermediziner haben sich bereits mit dem Einsatz von homöopathischen Präparaten, Phytonährstoffen, Physiotherapie oder Akupunktur dem alternativen Weg geöffnet und legen auch auf die Fütterung immer mehr Wert.
Jeder Bewegung folgt immer eine Gegenbewegung und es ist abzusehen, dass die neu gewonnene Offenheit der Schulmedizin vom Pferdehalter gewünscht und dann auch gerne bezahlt wird. Damit kann der alternativ arbeitende Therapeut nur konkurrieren, wenn er weiß, welche Nährstoffe bei der Selbstheilung auf keinen Fall fehlen dürfen.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand©